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Haushaltsrede zum Haushalt 2019

19. Dezember 2018 | Finanzen, Stadtratsfraktion

Haushaltsrede der SPD Fraktion zum Haushalt 2019.
(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

nach dem intensiven Ringen um einen bürgerfreundlichen Haushalt, der die tatsächliche, die aktuelle Entwicklung der städtischen Finanzen widerspiegeln sollte, stehen wir heute nicht vor dem Wunder von Bern, sondern vor dem Wunder von Waldbröl!

Denn im Haushalt 2016 hatte der Rat noch auf Vorschlag des Bürgermeisters die Grundsteuer B deutlich und die Gewerbesteuer extrem erhöht. Die Gewerbesteuer sollte dem gefassten Beschluss zufolge auf bis zu 695%-Punkte steigen.

Das veranlasste die SPD-Fraktion, den folgenden Haushaltsplanentwurf für 2017 ff. gezielt auf mögliche Steuererleichterungen zu überprüfen.

Es war für uns klar, dass die extremen Hebesatzsteigerungen bei der Gewerbesteuer die Konkurrenzfähigkeit unserer Waldbröler Unternehmen drastisch gefährden würde. Es hätte die Gefahr bestanden, dass hier ansässige Firmen abgewandert wären und neue Firmen sich in Zukunft in Waldbröl nicht mehr niedergelassen hätten. Das hätte auch dazu geführt, dass das 30 ha große, neue Industriegebiet nicht besiedelt worden wäre und sich zu einem „Millionengrab“ entwickelt hätte.

Das wiederum hätte natürlich auch fatale Auswirkungen auf die finanzielle und strukturelle Entwicklung unserer Stadt gehabt. Bestehende Arbeitsplätze wären in Gefahr gewesen, neue Beschäftigungsverhältnisse wären nicht mehr entstanden. Letztlich wären die Steuereinnahmen ebenfalls zurückgegangen, was dann durch erneute Steuererhöhungen hätte aufgefangen werden müssen. Ein Teufelskreis mit einer Spirale, die abwärts zeigt.

Unsere in 2017 geführten Gespräche mit Vertretern der Waldbröler Unternehmen bestätigten unsere Befürchtungen in beeindruckender Deutlichkeit. Deshalb galt es, unverzüglich zu handeln und die Steuerschraube zurück zu drehen.

Und tatsächlich stellten wir bei der Analyse des uns vom Bürgermeister vorgelegten Haushaltsplanentwurfs für 2017 ff. fest, dass die aktuelle Entwicklung unserer Finanzen so positiv war, dass wir beantragten, sowohl die Grundsteuer B für 2017 bei 590 %-Punkten, als auch die Gewerbesteuer bei 550 %-Punkten zu belassen. Denn auch bei diesen Werten konnten wir die Vorgaben des HSK einhalten, weil wir im Zieljahr 2022 unser Eigenkapital nicht verbraucht und ein positives Jahresergebnis erzielt hätten.

Dem stimmten fast alle Vertreter des Rates und der Bürgermeister zu. Und unsere Steuern blieben in 2017 konstant. Wir hatten aus unserer Verantwortung heraus zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger gehandelt.

In dieser politischen Diskussion konnten wir auch gemeinsam mit den Waldbröler Bürgerinnen und Bürgern durchsetzen, dass unser Hallenbad an der Vennstraße nicht einfach abgerissen wurde, wie es von unserem Bürgermeister gewollt war, sondern Fördermittel für eine Sanierung des Bades beantragt wurden. Und nun können wir uns alle darüber freuen, dass unser Hallenbad vielleicht schon 2019 mit einem tollen Angebot wiedereröffnet wird.

Die Wende zum Negativen kam dann sehr spät, aber sie kam. Erst Mitte Oktober 2017 erteilte uns die Kommunalaufsicht (KA) beim Oberbergischen Kreis die Haushaltsgenehmigung, forderte aber gleichzeitig von uns, die im HSK in 2016 beschlossenen, hohen Steuersätze wieder im Haushalt 2018 einzusetzen und die in 2017 entstandenen Einnahmeausfälle on top draufzusatteln.

Leider kam danach ein konstruktiver Dialog zwischen den Beteiligten nicht zustande, weil die KA in der Sache inhaltliche Gespräche mit der Politik kategorischablehnte.Dass diese ablehnende Haltung einer Behörde, die vom Geld ihrer Kommunen lebt, damit die kommunale Selbstverwaltung einer ihrer Kommunen blockierte, schien den Landrat – immerhin Vorgesetzter der Kommunalaufsicht – nicht weiter zu interessieren.

Unter massivem Druck und der Androhung, bei Nichterfüllen der Auflagen der KA wieder in die vorläufige Haushaltsführung zurück zu fallen, keine weiteren Maßnahmen im IEHK mehr durchführen zu dürfen und die bereits erhaltenen Fördermittel zurückzahlen zu müssen, entschied der Rat letztlich, um Schaden von der Stadt Waldbröl abzuhalten, die durch die Auflagen der KA erforderlich werdenden Steuererhöhungen doch zu beschließen.

Wir hatten immer wieder auf die deutlich verbesserte Haushaltslage hingewiesen und gehofft, ja erwartet, dass diese Berücksichtigung finden würde. Leider vergebens.

Und dabei waren unsere Berechnungen zum Haushalt 2018 ff. recht konservativ gerechnet und ließen einen Spielraum für eine noch bessere Entwicklung zu.

Wir wiesen in den Haushaltsberatungen 2018 immer wieder auf die Entwicklungspotentiale hin, die sich insbesondere an den Daten des IFO-Gutachtens orientierten und gingen damals schon von weiteren Zuweisungen von Bund und Land aus.Leider konnte oder wollte der Bürgermeister die positiven Ansätze seiner eigenen Kommune nicht erkennen oder sehen.

Er hielt unsere Prognosewerte für zu hoch und wendete auch die Orientierungsdaten nicht bzw. nur teilweise an. Deshalb blieb sein Ansatz bei der Gewerbesteuer auch linear bis 2021 bei 6.377 Mio. Euro,obwohl in den Planungen bis 2021 Steigerungen pro Jahr von 3,1% und 4,6% möglich gewesen wären.

Auch die Anteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer hatten wir höher bewertet, so dass sich, trotz unserer reduzierten Steuersätze, ein Plus bei den Einnahmen darstellen ließ und auch das Eigenkapital erheblich gesteigert werden konnte;auf das Doppelte der Summe, die die KA im Haushalt 2016 noch – ohne Beanstandung – genehmigt hatte.

Es half alles nichts. Der Dialog darüber wurde verweigert. Wir mussten die hohen Steuersätze beschließen.

Dann kann der Sommer 2018, der alles veränderte – unser Sommermärchen!

Die Hitzewelle wollte nicht enden und die politische Sommerpause auch nicht. Drei Monate lang hörten wir von der Verwaltung nichts, zu den aktuellen Haushaltsdaten gar nichts.

Drei Monate nach der erzwungenen Verabschiedung der hohen Steuersätze wegen des ja vermeintlich so schlechten Haushaltes brachte der Bürgermeister am 26.09.2018 den HH-Planentwurf für 2019 ff. ein – und der Rat staunte nicht schlecht.

„Schaut her, unser Haushalt 2019 ist ausgeglichen. Wir werden in 2019 schwarze Zahlen schreiben und das HSK damit im kommenden Jahr verlassen können.“

Was war passiert?

Hatte die Verwaltung im ersten Halbjahr 2018 unsere Alternativdaten zum Haushalt immer wieder mit dem Hinweis: „So kann man das ja auch nicht sehen“ versucht zu kontern, legte sie uns jetzt plötzlich Zahlen vor, die deutlich über unseren Ansätzen lagen- aus purer “Schwarzseherei” wurde grenzenloser Optimismus!

Wir haben uns lange gefragt, wie kann das denn sein?

Die Kämmerin sagt dazu, es seien deutliche Mehreinnahmen durch verschiedene Zuweisungen von Land und Bund zu verzeichnen gewesen. Außerdem seien die Steuereinnahmen höher ausgefallen, als sie eingeplant habe. Dazu hätte die Stadt Waldbröl weniger Ausgaben gehabt u.a. durch die späte HH-Genehmigung.Zu den positiveren Ergebnissen hätte auch die Anpassung ihrer Prognosen an die von uns geforderten Steigerungsdaten geführt, indem sie die Orientierungsdaten (durch das Land akzeptierte Steigerungsraten) eingerechnet hätte, wie es die Politik ja auch gefordert habe.

Hier wird deutlich, dass die Verwaltung im Nachgang zu unserem Steuerstreit in 2018 erkannt hat, dass wir auch unterjährig zu einer engeren Abstimmung zwischen dem Rat und der Verwaltung kommen müssen. Es darf in Zukunft nicht mehr sein, dass über drei Monate hinweg Funkstille herrscht und dann aus dem hässlichen Frosch urplötzlich ein schöner Prinz wird – ohne dass der Rat darüber vor einer öffentlichen Sitzung informiert wird.

Aber wahrscheinlich hatte der Bürgermeister das Recht auf den Verwandlungskuss für sich reserviert. Und Überraschungen, zumal sie so positiv sind, verkündet man ja gerne selbst.

Hier liegen die Dinge aber anders. Der Rat hat – und zuvorderst die Bürgerinnen und Bürger als Steuerzahler – ein Recht auf eine zeitnahe Unterrichtung und der Bürgermeister die Verpflichtung nach der Gemeindeordnung, den Rat unverzüglich über gravierende Dinge zu unterrichten…. im positiven wie im negativen!

Mit der Einbringung des Haushaltes 2019 ff. war jedoch immer noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Seit dem 20.11.2018 mussten wir uns dann auch noch mit einem von der Verwaltung vorgelegten Nachtragshaushalt 2018 beschäftigen.

Und siehe da: Das Sommermärchen ging weiter!

Dieser Nachtragshaushalt wurde erforderlich, weil das Kommunalministerium in Düsseldorf einen Erlass ins Land geschickt hatte, der die HSK-Kommunen im ersten Jahr, in dem sie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, trotzdem verpflichtet, ein HSK aufzustellen.

Für uns ist dies völlig unverständlich und verstößt auch nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes gegen geltendes Recht. Denn im § 76 der GO ist abschließend geregelt, wann eine Kommune ein HSK aufzustellen hat.

Die dort aufgeführten Kriterien treffen auf unsere Haushaltssituation bis einschließlich 2022 nicht zu, so dass eine erneute Aufstellung eines HSK nicht gefordert werden kann.

Dieses Verhalten des Landes ist kommunalfeindlich, begrenzt es doch die Handlungsfähigkeit der Kommunen und dies ohne Not auf einer rechtlich sehr zweifelhaften Basis.

Der Nachtragshaushalt 2018, den der Bürgermeister jetzt vorgelegt hat, geht in der Gewerbesteuer nochmals von verbesserten Einnahmen, insbesondere bei der Gewerbesteuer, aus. Und die letzte Änderungsmeldung der Kämmerei, die in den letzten Tagen bei uns eingegangen ist, weist dann nochmals bessere Zahlen aus.

Das Sommermärchen wird allmählich zum Wintermärchen!

Wir erkennen in der Erstellung des Haushaltes 2019 ff. und des Nachtrags 2018, dass die Verwaltung nun doch wesentliche finanzpolitische Positionen von uns übernommen hat und erwarten, dass wir ab jetzt früher und regelmäßiger in geeigneter Form über die Entwicklung unserer Finanzen informiert werden.

Der Rat ist verantwortlich für den bestmöglichen Einsatz des Geldes, das uns unserer Bürgerinnen und Bürger über die von ihnen gezahlten Steuern anvertrauen. Diesem Vertrauen wollen, müssen wir gerecht werden.

Dazu brauchen wir eine enge und sachliche Abstimmung zwischen Rat und Verwaltung. Darauf zielen auch unsere Anträge ab, die wir in die Beratung gegeben haben.

Die SPD-Fraktion fühlt sich bestätigt in ihrer Einschätzung und Prognosen zur aktuellenund mittelfristigen Haushaltsentwicklung.Sie wurden mittlerweile noch übertroffen wurden und wir freuen uns über die ersten schwarzen Zahlen in unserem Haushalt seit Jahrzehnten.

Bei aller Freude ist allerdings auch festzuhalten, dass die Steuermehreinnahmen auch konjunkturellen Charakter haben – eine tiefergehende strukturelle Verbesserung der Stadt Waldbröl hat begonnen und muss konzeptionell weiter entwickelt werden.

Ich verweise hier auf unser Schulzentrum,das fit für die Zukunft gemacht werden muss. Die Zeit bis zu dem nächsten Schulentwicklungsplan muss nun genutzt werden, um die Weichen in die Zukunft zu stellen. Ein erster Schritt wäre aus unserer Sicht der mehrfach angesprochene Schulcampus. Als junge Kommune muss es unser Anliegen sein, Jugendlichen nach einer erfolgreichen Schulausbildung auch die Möglichkeit eines Ausbildungsplatzes zu geben. Hierzu muss das geplante Gewerbegebiet mit qualitativ soliden Unternehmen besetzt werden.

Auch muss der Bedarf an Wohnraum gesichert sein – allerdings sollten hier zunächst mögliche Baulücken geschlossen werden, bevor weitere landwirtschaftliche Flächen dauerhaft versiegelt werden und damit der negative Trend des Klimawandels weiter befeuert wird. Auch sollten wir darüber nachdenken, Familien im Rahmen der Kindergartenbeiträge und auch der Gebühren für OGS zu entlasten – hier ist insbesondere die schwarz/gelbe Landesregierung gefordert, die zu diesem Zweck ab 2019 erhebliche finanzielle Mittel erhalten wird.

Unsere Finanzlage hat sich seit 2017 deutlich verbessert. Wir haben jetzt die Verpflichtung, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die strukturelle Entwicklung unserer Stadt auch konjunkturelle Schwankungen auffangen kann. Dabei sitzen Rat und Verwaltung in einem Boot und sollten in Zukunft in die gleiche Richtung rudern.

Ich darf gar nicht daran denken, wie wir jetzt dastünden, wenn der Rat sich 2013 für den Vorschlag der Kämmerin entschieden hätte, das 10-Millionen-Geschenk der damaligen Landesregierung anzunehmen.

Die SPD-Fraktion wird dem Nachtragshaushalt 2018 und dem Haushalt 2019 ff. zustimmen.

Wir werden uns, und das sage ich hier mit Nachdruck, genauso intensiv in die kommenden Haushaltsberatungen einbringen, wie wir es seit 2016 getan haben.

Wir werden die Entwicklung konstruktiv begleiten, damit aus dem Märchenjahr 2018 eine dauerhafte Realität wird.

Abschließend möchte ich mich im Namen der gesamten SPD-Waldbröl bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, des Abwasserwerkes und der Stadtwerke Waldbröl für Ihren Einsatz bedanken.

Auch den vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, sei es in den Vereinen und Institutionen hier vor Ort oder den selbstlos tätigen im Verborgenen möchte ich meinen ausdrücklichen Dank für ihre Leistungen in diesem Jahr übermitteln. Ohne dieses Engagement würde es in unserer Gesellschaft deutlich herzloser und kälter zugehen.

Abschließend möchte ich nicht vergessen, den Damen und Herren aller Fraktionen hier im Stadtrat und seinen Ausschüssen für die Leistungen in diesem Jahr zu danken. Auch wenn es bestimmt nicht immer gelingt, mit einer Stimme zu sprechen und die Meinungen teilweise sehr weit auseinander gelegen haben, denke ich, dass auch hier eine Basis gelegt worden ist zu einer stärkeren Diskussionsfreudigkeit und Lebendigkeit, die unsere Demokratie doch so stark ausmacht.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen allen eine gesegnete Weihnachtszeit und ein glückliches und gesundes Jahr 2019.

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